WaldMachtMut! zu Gast in Wendlingen
... die Herstellung eines Waldbadesalzes.
Wendlingen. Ein Waldweg hinter den Sportplätzen: Spaziergänger schlendern gemächlich über den hellen Kies, Jogger hetzen vorbei, am Waldrand steht groß und bunt bemalt das Waldmobil der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Aus dem Wald dringen Lachen und Rufen. Ein Trampelpfad führt in den dichteren Bewuchs hinein zu einer Stelle, wo sich Jungen und Mädchen auf selbstgebauten Sitzgelegenheiten aus Ästen und Holzresten niedergelassen haben – sie nennen es Waldsofa. Die zwölf Siebtklässler kommen aus der Ludwig-Uhland-Realschule in Wendlingen und haben das Klassenzimmer ins Freie verlegt. Drei Tage lang sind die 13- bis 14-Jährigen mit ihrer Lehrerin Sarah Nolte für je vier Stunden im Wendlinger Wald.
Gerade sind sie dabei, Fichtennadeln klein zu schneiden und mit Salz mit einem Mörser zu Badesalz zu verarbeiten. Das Herrichten des Badesalzes ist eines der Aufgaben, die Jugendlichen während ihres Waldprojektes absolvieren sollten. Dr. Marco Ieronimo, promovierter Biochemiker, ausgebildeter Waldpädagoge und Koordinator für das Waldmobil hat alle Zutaten und die Werkzeuge für die Aufgabe bereitgelegt. Arti, Francesco und Luca bilden ein Arbeitsteam: „Die Aufgabe hört sich erstmal einfach an, aber es braucht Zeit, um das alles richtig zu machen“, stellt Francesco fest. Vieles ist anders in diesen Tagen und das ist so gewollt: „Es geht darum Jugendliche aus ihrer Komfortzone zu holen“, erklärt Ieronimo. Eigene Stärken sollen erfahren und das Ich gestärkt werden. „Dazu muss man zuweilen an seine Grenzen gehen und Ängste überwinden.“
Ieronimo ruft die Jungen und Mädchen einzeln zu einer Übung, die den Ansatz untermauert. Weiter hinten im Wald hat er einen Parcours mit Seilen zwischen Bäumen gebaut. Milian bekommt eine Maske aufgesetzt. Blind muss er mit der linken Hand das Seil umfassen, und sich so seinen Weg durch den Parcours suchen. Etliche Schwierigkeiten sind zu überwinden: Er sieht den Boden mit seinen Unebenheiten nicht, er muss die Kurven um die Bäume herum ertasten, muss vermeiden, gegen Baumstämme zu laufen, er muss mit dem Seil nach oben oder ganz nach unten bis in die Hocke gehen. Milian macht das ganz gut, er bewegt sich ruhig und voll konzentriert und ist dennoch sichtbar erleichtert, als er die Maske wieder abnehmen darf. „Es war ein seltsames Gefühl“, zieht er kurz ein Fazit. Florentina durchläuft den Parcours ebenfalls. Sie registriert „Geräusche stärker als sonst“. Angst habe sie nicht gehabt, aber schon ein „komisches Gefühl“. Stephanie ist stolz, da sie von Ieronimo gelobt wurde: „Ich hab gleich geschnallt, wie ich mich bewegen muss“, sagt sie.
Alle Jungen und Mädchen kennen den Wald, als Ort zum Joggen und Spazierengehen mit der Familie. „Durch das Waldprojekt haben sie aber auch erfahren, dass der Wald ein besonderer Ort ist: ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen mit Mücken, Spinnen und den ständig präsenten Zecken, und ein Ort, an dem man sich behaupten muss“, berichtet Sarah Nolte, die Klassenlehrerin. Die Jugendliche sollten lernen, sich auf andere einzulassen und ihnen zu vertrauen, Absprachen einzuhalten sowie Verantwortung zu übernehmen. Emotionale Kompetenzen und Respekt sollen gefördert werden. So kann der Wald beim Erwachsenwerden helfen.
„WaldMachtMut!“ ist ein Programm für Jugendliche von 12 bis 15. Jahren. Entstanden ist es aus dem Wunsch der Nussbaum Stiftung, Haupt-, Gemeinschafts- und Werkrealschülerinnen und -schülern eine Möglichkeit zu geben, Natur aktiv zu erfahren. Seit 2020 wurde das Projekt schon in über 20 Schulen in Baden-Württemberg umgesetzt. (bs)