Mit WaldMachtMut! die Persönlichkeit fördern

Jugend und BildungÖkologie

Wie kommt das Sofa in den Wald von Pfinztal-Berghausen? Nun, Aden, Elbijon, Tabarak und 16 andere Jugendliche haben angepackt, nach und nach Baumstämme aus dem Unterholz gezogen, sie an zwei gegenüber Wegrändern gestapelt und mit roten Sitzunterlagen belegt. Es geht hier also nicht um Sperrmüll, sondern um vorübergehend aufgebaute Sitzgelegenheiten, zwei „Waldsofas“, für die Schülerinnen und Schüler aus der sechsten Klasse der Schlossgartenschule in Pfinztal-Berghausen. Zusammen mit ihrer Klassenlehrerin Annika Gamer und dem Erlebnispädagogik-Fachmann Dominik Gentner verbringen die Kinder vom 4. bis 6 Juni 2024 drei Vormittage am östlichen Hopfenberg. Die Waldsofas bieten Raum für Besprechungen aller Art.

„WaldMachtMut!“ heißt die Veranstaltung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). Sie wurde auf Initiative der Nussbaum-Stiftung ins Leben gerufen. Die Teilnahme von sechs Schulen in ganz Baden-Württemberg finanziert die Nussbaum Stiftung jährlich. Die SDW sieht „WaldMachtMut!“ als „ein Mut machendes und Stärken weckendes Programm für Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren“. Teilnehmen können Schulklassen der Stufen 6 bis 8 aus Förder-, Haupt-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen.

Am dritten Tag führt Dominik Gentner die Kinder zu einer Fichte. Herzhaft beißt er in einen jungen Trieb mit Nadeln. „Die sind zwar stachelig, aber man kann sie essen“, erklärt er. „Wir brauchen sie jedoch, um Badesalz herzustellen. Pflückt also einen kleinen Vorrat.“ Den bringen die Kinder zurück zu den Waldsofas. Dort hat Dominik Gentner Brettchen, Wiegemesser, Mörser und Stößel vorbereitet. In kleinen Gruppen verteilen sich alle auf dem Boden, um Nadeln und Salz zu einer feinen Mischung zu verarbeiten.

 

Tee kochen mal anders

„Gestern haben wir Kräuter wie Spitz- und Breitwegerich gesammelt und daraus einen Tee gekocht“, berichtet Gentner. Ungewohnt habe er geschmeckt, fügt Annika Gamer dazu und freut sich: „Alle haben ihn probiert.“ Zwischen den eher praktischen Aktivitäten gibt es Spiele und Aufgaben mit erlebnispädagogischem Hintergrund. So überqueren die Kinder als Team einen fiktiven „Reißenden Fluss“ auf Filzkacheln und sie transportieren einen Ball in einem instabilen Netz. Auch eine „Lobdusche“ gehört dazu, bei der die Stärken der einzelnen Kinder angesprochen werden.

 

Auf dem Weg zum Ich

Jeder Tag steht unter einem bestimmten Motto. Bei Tag 1 geht es um „Mut zur Wildnis“, am zweiten Tag um „Mut zur Begegnung“ und am letzten um „Mut zum Ich“. Zum Ich unterwegs ist gerade Timo in einer Einzelübung. Vom Waldsofa aus geht es ein Stückchen hoch ins Gelände. Dort hat Dominik Gentner einen Parcours vorbereitet: Er hat ein Seil um fünf auseinanderstehende Bäume gespannt, an dem sich die Schülerinnen und Schüler mit verbundenen Augen entlang durchs Gelände bewegen. Für Timo, der bei der Jugendfeuerwehr aktiv ist, sind ungewohnte Situationen nicht erschreckend. „Ein bisschen war ich vorher aufgeregt, weil ich ja nicht wusste, was kommt“, sagt er. „Ich fand es gut, mich auf meinen Tastsinn verlassen zu können.“

Wenn Konflikte aufkämen, könne alles besprochen und bearbeitet werden, so Dominik Gentner. „Das Ziel von Erlebnispädagogik ist eine natursportliche oder Wildnisaktivität, über die reflektiert wird“, erklärt er. „Das kann die Persönlichkeitsentwicklung fördern und die Erfahrungen können in den Alltag übertragen werden.“

 

Viele Chancen

Lehrerin Annika Gamer sieht WaldMachtMut! als Chance. „In der Klassensituation kann das Verhalten sozialer werden, die Akzeptanz kann steigen, die Kommunikation sich verbessern und nicht zuletzt der Respekt vor der Natur und untereinander wachsen“, so die Lehrerin. (rist)

 

Das sagen die Kinder

„WaldMachtMut“ weil ...

 

... ich gemerkt habe, dass ich einfach durch den Wald laufen kann und keine Angst vor Tieren haben muss.“

... ich hier erlebt habe, dass ich nicht alleine bin.“

... ich nie gedacht hätte, wie viel ich machen kann, ohne Angst haben zu müssen.“

... ich mich alleine gar nicht in den Wald getraut hätte.“

... weil es mir hier so viel Spaß macht, dass ich viel Mut bekomme.“

... ich vorher den Wald nicht mochte und ich ihn mir ganz anders vorgestellt hatte.“

... ich hier den Mut gehabt habe, Insekten in die Hand zu nehmen.“

... ich Pflanzen wie den Spitzwegerich kennengelernt habe.“

Pfinztal-Berghausen2024