WaldMachtMut! in Schwetzingen bei der Schimper Gemeinschaftsschule
(mon). Fällt der Begriff „Waldpädagogik“, schaut so mancher noch ratlos. Aber schon länger gibt es staatlich zertifizierte Waldpädagogen, die sich zunehmender Bekanntheit erfreuen. Denn es ist kein Geheimnis mehr, dass der Wald guttut, sei es durch den hohen Sauerstoffgehalt, durch seine beruhigende Atmosphäre oder die von den Pflanzen ausgeströmten ätherischen Öle. So ist er auch als Kraftort für Kinder und Jugendliche hervorragend geeignet, um zum Beispiel gegenseitiges Vertrauen in einer Gruppe aufzubauen, aber auch, um zu sich selbst zu finden und mehr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.
Schon von weitem hört man die Kinder der 5c lachen. Es ist der dritte und letzte Tag, an dem die Klasse gemeinsam mit Klassenlehrerin Susanne König und Sozialarbeiterin Jeanette Kolb den Schultag umringt von Bäumen auf einer kleinen Waldlichtung verbringt, die man nur über einen Trampelpfad erreicht.
Talismane
Die Schülerinnen und Schüler wirken tiefenentspannt. Sie schnitzen ihre „Waldtalismane“, die sie als Erinnerung anschließend mit nach Hause nehmen werden. Renate Mayer vom Rotary Club Schwetzingen-Kurpfalz ist eigentlich gekommen, um sich das Projekt näher anzusehen, hat sich aber spontan dazu entschlossen, die Pädagogen aktiv zu unterstützen. So sitzt sie jetzt auf einem Baumstumpf und hilft zwei Mädchen, mit einer großen Säge eine Holzscheibe von einem Stamm abzutrennen. Alle drei sehen dabei glücklich aus. Renate Mayer war selbst lange im Bildungswesen tätig - bis zur Pensionierung auch an der Schwetzinger Carl-Theodor-Schule - und ist Pädagogin mit Herz und Seele. Dann kommt der 10-jährige Leon angerannt und zeigt ihr voller Stolz seinen „Talisman“, den er gerade fertig geschnitzt und bearbeitet hat.
Mut zur Wildnis
Die Tage stehen unter einem jeweils anderen Motto, wie dem „Mut zur Wildnis“, wobei es darum geht, die eigene Komfortzone zu verlassen, die Natur zu entdecken und sich in der für viele Kinder und Jugendlichen heutzutage ungewohnten Umgebung zurechtzufinden. Ein anderes Mal geht es um den „Mut zur Begegnung“ mit Geländespiel und Kommunikationsübungen – alles kindgerecht und spielerisch, denn der Spaß soll natürlich auch nicht zu kurz kommen. Am letzten Tag können die Kinder dann ihren „Mut zum Ich“ entdecken, dafür werden Achtsamkeits- und Selbstwahrnehmungsübungen gemacht.
Kennenlernen
Eigentlich richtet sich das Angebot von „WaldMachtMut!“ erst an Schüler ab der sechsten Klasse. Doch in diesem Jahr sei eine Ausnahme gemacht worden. Denn durch den notwendigen, vielen Fernunterricht habe die 5c, so wie alle in der Jahrgangsstufe, gar keine Gelegenheit gehabt, zu einer Klassengemeinschaft zusammenzuwachsen, erläutert Susanne König nachdenklich. Dies sei erst hier geschehen, darum sei das Angebot genau richtig gekommen, so die Lehrerin. Schließlich seien die Kinder ja gerade erst auf die weiterführende Schule gewechselt und hätten sich daher noch nicht gekannt. Plötzlich steht Gianluca vor ihr und hält strahlend einen großen, bearbeiteten Stock in den Händen. „Das ist für Sie, ihr Zepter, ihr Regierungsstab.“ Susanne König ist erst einmal sprachlos, sagt dann aber schmunzelnd: „Der ist für mich? Also habe ich das Kommando? Danke.“
Rückblick
Dann versammelt Frank Hoffmann die Gruppe im Kreis. Baumstämme und Steine dienen als Sitzgelegenheit und er lässt die letzten Tage Revue passieren, fragt, was die Schüler gut fanden und was weniger. Mit am besten habe das „Auerhahn-Spiel“ und die „Die Welt retten-Challenge“ gefallen, abgesehen davon, dass alle gemeinsam einen (dafür freigegebenen) Baum gefällt haben, natürlich. Begeistert rufen die 5cler immer weiter laut heraus, was sie gut fanden und ihre Augen leuchten dabei, denn es ist dann doch eine Menge. Auch die Herstellung von Wald-Badesalz wird genannt und, dass man sich jetzt viel besser verstehe, als vorher. Guoda sagt: „Früher habe ich Angst im Wald gehabt, jetzt nicht mehr. Ich werde ab sofort öfter herkommen.“ Voller Überzeugung und mit einem Gesichtsausdruck, der spontane Erkenntnis verrät, ergänzt Gianluca: „Erst jetzt sind wir eine Gemeinschaft, eine Klasse.“
„Ein tolles Projekt“
Dass ein Programm wie „WaldMachtMut!“, das sich an Jugendliche von 12 bis 15 Jahren richtet, nicht nur für diese, sondern eigentlich für alle Schüler gut wäre, da sind sich Frank Hoffmann, Susanne König und Renate Mayer einig. Die Rotarierin ist begeistert: „Ein tolles Projekt, aber nicht nur in pädagogischer Hinsicht. Auch die Themenfelder Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit spielen eine Rolle. Es ist wichtig, die Kinder an diese heranzuführen.“