WaldMachtMut!
Teilhabe und Chancengleichheit für Jugendliche
Ein waldpädagogisches Schulprojekt der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), Landesverband Baden-Württemberg e. V.,
in Kooperation mit der Nussbaum Stiftung
Jahresbericht 2023
Raus aus der Komfortzone
„Mir war nicht bewusst, wie viel Mut alleine der Aufenthalt im Wald für einige Kinder erfordert und mit welchen Ängsten er verbunden sein kann. Daher freut es mich besonders, dass sie trotzdem alle Tage durchgehalten haben :-)“ [Jekaterina Müller, Lehrerin an der Schule am Michaelsberg, Sinsheim].
Dieses Zitat beschreibt anschaulich, wie wertvoll es ist, wenn Schülerinnen und Schüler die Komfortzone ihres Klassenzimmers verlassen und sich auf das Abenteuer Wald einlassen.
Mut zur Wildnis, Mut zur Begegnung und Mut zum Ich
Die Nussbaum Stiftung will mit dem pädagogischen Projekt WaldMachtMut! Schülern und Schülerinnen den Lebensraum Wald näherbringen. Das Konzept dafür wurde in ihrem Auftrag von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) Baden-Württemberg entwickelt. WaldMachtMut! wird den Schulen in den Partnerstädten und -gemeinden von Nussbaum angeboten. Die Nussbaum Stiftung finanziert WaldMachtMut!, damit es den Jugendlichen kostenfrei angeboten werden kann.
Ausgangspunkt für das waldpädagogische Konzept ist die Erkenntnis, dass laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung rund 21 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland dauerhaft oder wiederkehrend an einer Einschränkung des Selbstwertgefühls und Vertrauens leiden. Hier setzt das Projekt an. WaldMachtMut! ist ein Programm, das 12- bis 15-jährigen Jugendlichen Mut gibt und ihre Stärken weckt. Sie sollen nicht nur die Möglichkeit haben, Natur und Umwelt aktiv zu erleben, sie sollen vielmehr positive Erlebnisse und Gefühle erfahren und einen Gegenentwurf zum gesellschaftlichen Wettbewerb kennenlernen.
Das Projekt richtet sich an Förder-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen in den Klassenstufen 6-8. WaldMachtMut! arbeitet inhaltlich und methodisch in drei Schritten. Jede Klasse ist an drei Tagen mit den Waldpädagoginnen in der Natur. Jeder Wald-Tag hat dabei eigene Ziele und Schwerpunkte.
Was bisher geschah…
WaldMachtMut! wurde im Jahr 2020 konzipiert und erstmals umgesetzt. Aufgrund der Pandemie konnte das Projekt im ersten Jahr zunächst nur an 2 Schulen durchgeführt werden. Die vorwiegend sehr positiven Rückmeldungen der teilnehmenden Schulkassen und deren Lehrkräfte wurden genutzt, um das Konzept nochmals zu überarbeiten und noch besser an die Bedürfnisse der Jugendlichen anzupassen. Auf der Spendenplattform „Nussbaum hilft - gemeinsamhelfen.de“ wird zudem Geld gesammelt, um zusätzlichen Schulklassen eine kostenfreie Teilnahme zu ermöglichen. Bisher kamen mehr als 500 Jugendliche aus 20 Kommunen in Baden-Württemberg in den Genuss des dreitägigen Programms.
2023 in Zahlen
Projektauswertung
Highlight dieses Jahr war wieder die Auerhahnjagd. Als nächstes in der Gunst stand das Waldbadesalz. Gleichauf war diesmal das Feuermachen – dieses immer mit dem Wunsch verbunden nach mehr und größer (größeres Feuer, etwas gemeinsam Grillen etc.) Bisher wurde nur ein kleines Kochfeuer für Tee gemacht. Die Möglichkeiten für größere Feuer wären zumeist auch nur selten vorhanden gewesen.
Grundsätzlich und überwiegend positives Feedback gab es für Spiele und Aktionen, die Zusammenarbeit/Teamarbeit fordern (bspw. s.o. Waldbadesalz), aber bspw. auch für den Waldsofabau, sowohl verbunden mit der positiven Überraschung darüber, wie gut die Teamarbeit in der bekannten Gruppe geklappt hat, als auch verbunden mit dem Wunsch, dass die Mitschülerinnen und Mitschüler mehr im Team arbeiten mögen. Auch hier gab es den Wunsch nach „mehr“ – mehr Zeit für eigene Bauaktionen etc.
Die Meinungen zum Waldkräutertee waren durchweg und immer gespalten. Manche mochten ihn („voll lecker“), andere hassten ihn („eklig“).
Ähnlich ambivalent war die Haltung zur Nightline (Wahrnehmungsübung am gespannten Seil).
Die Haltung zum Wald war ebenfalls gespalten. Von positiven Gefühlen über Gleichgültigkeit bis zu Angst und Abneigung war immer alles vertreten. Es hatte den Anschein, als wurden im Laufe der drei Tage die Haltungen nicht verändert, vielmehr wurden jeweilige Sichtweisen verstärkt.
Manche merkten an, sie hätten nun keine Angst mehr vor Insekten und Spinnentieren. Wie weit eine echte Angst in so kurzer Zeit abgebaut werden kann, ist zu diskutieren. Zumindest hat sich die Haltung gegenüber den Krabbeltieren verändert, was einen ersten wichtigen Schritt darstellt.
Und immer wieder gingen die Schülerinnen und Schüler aus ihrer Komfortzone heraus. Entweder bemerkten sie es selbst, verhielten sich schlichtweg unbewusst so, oder die Lehrkräfte stellten es vor Ort bzw. im Feedbackbogen fest.
Den größten Schritt in der Hinsicht machte wohl eine Gruppe aus Sinsheim, im Verlauf derer Veranstaltung es an mehreren Tagen und durchweg regnete.
Interessant ist, dass die positiven Wirkungen des Programms von den Lehrkräften als zumeist stärker angegeben wurden als von den Schülerinnen und Schülern selbst. Dies war auch im vergangenen Jahr zu beobachten.
Feedback der Jugendlichen:
Ich war mutig.
Das Spannendste, das ich je erlebt habe. Ich werde das niemals vergessen.
(Max, Klasse 7, Schule am Michaelsberg)
Ich habe nicht mehr so viel Angst vor Insekten.
Ich fand das Feuermachen mit dem Feuerstahl und das Kochen von Waldkräutertee super.
Ich fand das Projekt eine schöne Abwechslung für den Schulalltag.
Ich fand super, dass wir alle zusammengearbeitet und neue Sachen gemacht haben.
Ich werde mehr in den Wald gehen.
(Florian, Klasse 6, GMS Merkurschule Gaggenau)
Feedback der Lehrkräfte
Ein Satz zu WaldMachtMut!
Wald macht wirklich Mut
(Irina Hezel, Gabriel Welsch, Lehrer an der Konrad-Witz-Schule, Rottweil)
Ein Projekt, das herausfordert und Spaß macht, wenn man sich darauf einlässt.
Der Wald lockt Kinder aus ihren Reserven, katapultiert einige aus ihrer Comfort-Zone, gibt anderen Sicherheit. Wald kann aufregend sein und gleichzeitig Ruhe schenken. WaldMachtMut! ist super für alle Kinder.
Die Natur ist immer da, je mehr Zeit wir mit ihr verbringen, desto mehr begreifen wir, dass wir, die Natur und der Mensch, zusammengehören.
(Jekaterina Müller, Lehrerin an der Schule am Michaelsberg, Sinsheim)
WaldMachtMut! ist eine tolle Gelegenheit dem Schulalltag zu entfliehen, sich selbst und seine Schüler/Mitschüler besser kennenzulernen und die Gemeinschaft zu stärken. Von den positiven Erlebnissen und Erfahrungen in einer ungewohnten Umgebung konnten alle profitieren.
(Marcel Mergel, Lehrer an der Schule am Michaelsberg, Sinsheim)
Besonders gut gefallen hat...
Besonders gut fand ich den hohen Praxisanteil des Projektes. Die Schüler zu beobachten, wie sie gemeinsam das Waldsofa bauen und stolz sind auf das fertige und funktionstüchtige "Sofa" war schön zu sehen. Auch das "blinde Verständnis" in teilweise neuen Konstellationen, die man so nicht erwartet hätte zeigt, dass sich die Jungs untereinander ganz gut verstehen. Keiner wurde ausgeschlossen, und es war für wirklich jeden etwas dabei.
Die ausdauernde und motivierende Art des Waldpädagogen. Er hat sich auf die teils schwierigen Schüler eingelassen und eine gute Beziehung innerhalb kürzester Zeit zu ihnen aufgebaut. Das ist nicht selbst verständlich. Die Vielzahl an Aufgaben, Spielen, Aktionen... toll :)
Ich nehme folgende Ideen/ Impulse mit
Grundsätzlich sind wir nach dem Projekt der Meinung, dass man häufiger mal aus seiner Komfortzone (Klassenzimmer) ausbrechen sollte und weitere Erfahrungen in der Natur sammeln könnte.
(Marcel Mergel, Lehrer an der Schule am Michaelsberg, Sinsheim)
Die Stärken der Schüler sichtbar machen, da es ihnen doch oft schwerfällt, diese selbst wahrzunehmen. Dafür gab es tolle Übungen, die ich in den Schulalltag einbauen kann.
Wald als Lernort und Oase mehr nutzen.
Zusammenfassung
Im Jahr 2023 haben sechs Schulkassen mit 96 Jugendlichen in fünf verschiedenen Orten in Baden-Württemberg an WaldMachtMut! teilgenommen.
Das Projekt konnte sich über die Jahre 2021 und 2022 erfolgreich etablieren. Die Veranstaltungstage fanden großen Zuspruch, und inzwischen gibt es eine aktive Nachfrage von Schulen.
Die persönlichen Rückmeldungen und die Auswertung der Fragebögen zeigen, dass die Ziele des Projekts erreicht werden. Die Fragebögen werden auch in diesem Jahr dazu genutzt, das Konzept und die kommende Durchführung nochmals zu verbessern.